Generell gilt: Ein Lager ist immer nur so gut, wie seine Umgebung. Wer kann schon Höchstleistungen erbringen, wenn man sich in seiner Umgebung nicht gut aufgehoben fühlt? Habt ihr schon unseren Beitrag zu Fest- und Loslagerung gelesen? Dieses Kapitel stellt eine gute Basis für die Lagerbefestigung und Umgebungskonstruktion dar.
Konstruktion von Welle und Gehäuse
Nachdem die richtigen Lager rechnerisch ausgelegt und die Lageranordnung gewählt wurden, muss diese Konstruktion jetzt noch richtig „gelagert“ werden. In der Aufzählung sind die wichtigsten Kriterien, die es dafür zu beachten gilt, zusammengestellt.
- Auswahl der Lageranordnung
- Korrekte Lagerbefestigung
- Gewährleistung der Montierbarkeit der Lagerung (Hinweis: Wichtig, wenn man sich keine Feinde in der Montage machen möchte)
- Wahl der richtigen Passung
- Bestimmung der richtigen Lageranschlussgeometrie (Schulterhöhen und Kehlradien)
- Formgenauigkeiten von Welle und Gehäuse (Achtung: Je genauer, desto höhere Kosten!)
- Ermittlung der maximalen Lagerschiefstellung im Vergleich zur zulässigen Schiefstellung
Jederzeit sollten hinsichtlich dieser Kriterien die Wälzlagerherstellerangaben beachtet werden.
Sicherung von Wälzlagern mit Maschinenbauelementen
Infos zur Wahl der richtigen Lageranordnung sind in dem entsprechenden Beitrag zu finden. Los geht es mit der korrekten Befestigung der Wälzlager auf der Welle und im Gehäuse. Wälzlager können mithilfe unterschiedlicher Maschinenbauelemente gesichert werden, dazu gehört beispielsweise die Verwendung von Sicherungsmuttern bzw. Sicherungsschrauben oder der Einsatz eines Sicherungsrings (Sprengrings). Für Lager mit konischen Bohrungen können weitere lagerspezifische Zubehörteile wie unter anderem Spannhülsen und Abziehhülsen hinzugezogen werden.
Innenringsicherung | Außenringsicherung | Sprengring |
Wälzlager können mithilfe von Sicherungsmuttern oder Sicherungsschrauben fixiert werden. | Oben ist eine klassische Befestigung mit Nutmutter, Sicherungsscheibe, Sprengring, Lagerdeckel und Distanzring abgebildet. |
In dieser Tabelle seht ihr zunächst die Sicherungsmethoden von Wälzlagern, die generell gebräuchlich sind.
Bezüglich des Gebrauchs eines Sicherungsrings (Sprengrings) muss potenziellen Fehlerquellen wie zum Beispiel Grenzradien und Lageranschlussabmessungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Für Sicherungsringe (Sprengringe) gilt, dass diese die Konstruktion vereinfachen. Wichtig ist zudem zu wissen, dass Sicherungsringe (Sprengringe) gewisse Nachteile aufweisen: Sie sind nicht für Präzisionsanwendungen und ebenso wenig für die Aufnahme hoher axialer Belastungen geeignet.
Montage mit Spannhülse | Montage mit Abziehhülse | Montage mit konischer Welle |
Spannhülsen und Abziehhülsen dienen bei der Lagermontage auf zylindrischen Wellen der axialen Befestigung des Lagers. | Ein in die Nut der Welle eingelegter und geteilter Sicherungsring hält das Wälzlager in Position. |
Weitere Montagemöglichkeiten von Wälzlagern sind hier für euch abgebildet.
Die Befestigung der Spannhülse erfolgt durch die Reibkraft zwischen Welle und Innendurchmesser der Hülse. Darüber hinaus kann die Position des Lagers auf einer zylindrischen Welle bei der Montage mit Spannhülse oder Abziehhülse frei gewählt werden; beide Montagevarianten gelten als einfach und prozesssicher. Auch die Montage von Lagern mit einer konischen Welle ist eine Option. Dabei wird der geteilte Sicherungsring mit einer Nutmutter oder Schraube befestigt. Die Lager (wie das Pendelrollenlager in der Abbildung) sind mithilfe hydraulischer Mittel ebenfalls einfach und prozesssicher montierbar. Dabei muss der Verschiebeweg nach Herstellerangaben einerseits gemessen und zugleich, genauso wie die Lagerluft, immer überprüft werden.
Wahl der richtigen Passungen für Welle und Gehäuse
Nach diesem kurzen Überblick über die verschiedenen Fixierungsmöglichkeiten folgen nun zentrale Infos zu den Passungen für Welle und Gehäuse. Beim Thema Lagerspiel und Vorspannung wurden schon Begrifflichkeiten wie Lagerluft sowie Betriebsspiel erwähnt und zudem erläutert, wie man diese berechnet. In diesem Kapitel geht es nun um die Wahl der richtigen Passung. Die Wahl des „richtigen“ Passungssitzes hängt von den folgenden Betriebsbedingungen ab:
- Wellen- und Gehäusematerial,
- Wandstärke,
- Oberflächenbeschaffenheit und
- Betriebsbedingungen der Maschine
So, kommen wir gleich zur ersten wichtigen Frage: Festsitz oder Lossitz?
Abbildung | Lagerdrehrichtung | Ringbelastung | Lagersitz |
Feststehende Last | Innenring dreht Außenring steht | Umlaufende Last für den Innenring Punktlast für den Außenring | Innenring: Festsitz Außenring: Lossitz |
Umlaufende Last | Innenring steht Außenring dreht | ||
Feststehende Last | Innenring steht Außenring dreht | Punktlast für den Innenring Umlaufende Last für den Außenring | Innenring: Festsitz Außenring: Lossitz |
Umlaufende Last | Innenring dreht Außenring steht |
Diese Tabelle zeigt euch, unter welcher Belastungsart ein Fest- bzw. Lossitz notwendig ist.
Zuerst gilt es zu klären, welcher der beiden Ringe dreht und welcher steht. Anschließend wird geprüft, welche Last am Innenring bzw. am Außenring anliegt. Ein Beispiel: Für die abgebildete Lagereinheit sollen die Passungen für die beiden Wälzlager ausgewählt werden. Die Riemenscheibe wird zum Schluss auf die Welle montiert. Die beiden Lager, um die es sich handelt, sind ein 6320C4 und ein 6318C4 (Hersteller NTN).
Welcher Ring dreht? Richtig, beide Innenringe. Die Außenringe sollten sich hingegen nicht drehen. Hat der Innenring eine Punktlast? Nein, dieser hat eine Umfangslast. Umfangslast bedeutet, dass die Richtung der auf den Innenring wirkenden Radiallast umlaufend für den Ring ist. Punktlast liegt bei den beiden Außenringen vor und bedeutet, dass die Last nur auf einen kleinen Punkt des Außenrings wirkt. Die Passungsempfehlung lautet somit: Innenring = Festsitz und Außenring = Lossitz. Vorschläge für geeignete Passungen findet man in den Katalogen bei den Wälzlagerherstellern, so zum Beispiel auch bei NTN. Für den aktuellen Fall könnte man beispielsweise unter Berücksichtigung einer „normalen Last“ beide Wellensitze mit einer k5-Passung ausstatten und im Gehäuse eine H7-Passung wählen.
Bedeutung der Lageranschlussmaße
Neben der Lagerbefestigung selbst ist die Beachtung der Lageranschlussmaße zentral, dabei spielen vor allem Anlagehöhe und die Hohlkehlradien eine Rolle.
Wichtig ist, dass die Höhe h der Anlage eines Lagerrings an Welle sowie Gehäuse (linke Seite der Abbildung) größer als der maximal zulässige Kantenradius des Lagers rs max (rechte Seite der Abbildung) ist. Anderenfalls ist die Abstützung des Lagers an Welle und Gehäuse gar nicht oder nur unzureichend vorhanden. Es muss zudem berücksichtigt werden, dass der Hohlkehlradius ra einen geringeren Wert besitzt als der kleinste zulässige Kantenradius des Wälzlagers rs min.
Es gibt Situationen, in denen der Hohlkehlradius ra max größer als die Kantenradien des Lagers ist. Dieser Fall tritt unter anderem ein, wenn die Welle verstärkt werden soll oder die Anlagehöhe als Stützfläche für das Lager nicht genügt. Sind diese Voraussetzungen gegeben, steht dem Einsatz von Distanzringen nichts mehr im Wege. Distanzringe werden individuell so gefertigt, dass ein glattes Anliegen des Rings und des Wälzlagers an der Schulter von Welle oder Gehäuse gewährleistet ist.
Bei der Verwendung von Axiallagern muss auf jeden Fall beachtet werden, dass die Auflageflächen der Laufscheiben in Anbetracht der Kriterien Belastung und Steifigkeit ausreichend breit gewählt werden. Dazu gibt es zum Beispiel im Katalog von NTN entsprechende Maßtabellen.
Genauigkeit von Welle und Gehäuse
Ein weiteres zentrales Kriterium stellt im Hinblick auf die Umgebungskonstruktion die Genauigkeit der Passflächen für Welle und Gehäuse dar. Zudem finden dabei die Oberflächenrauigkeit und die Rechtwinkligkeit der Anlageschultern Berücksichtigung.
Eigenschaft | Welle | Gehäuse | |
Maßgenauigkeit | IT6 (IT5) | IT7 (IT5) | |
Rundheit (max.) Zylindrizität | IT3 | IT4 | |
Rechtwinkligkeit der Anlage | IT3 | IT3 | |
Oberflächenrauigkeit Passfläche Ra | kleine Lager | 0,8 µm | 1,6 µm |
mittlere ~ große Lager | 1,6 µm | 3,2 µm |
In der Tabelle findet ihr nützliche Vorgaben hinsichtlich der Wellen- und Gehäuseabmaße. Diese Tabelle gilt für normale Betriebsbedingungen. (IT = Grundtoleranzen).
Schiefstellung und Fluchtungsfehler
Die Biegung der Welle, Abweichungen in der Endbearbeitung von Welle und Gehäuse ebenso wie kleinste Einbaufehler führen zu einer gewissen Schiefstellung zwischen dem Innen- und Außenring eines Wälzlagers. Daher ist wichtig, dass in Anwendungen, in denen Fluchtungsfehler vergleichsweise hoch sein können, winkeleinstellbare Lager wie beispielsweise Pendelkugellager, Pendelrollenlager oder Gehäuselager zum Einsatz kommen. Grundsätzlich sollte beachtet werden, dass der zulässige Fluchtungsfehler von Aspekten wie dem Lagertyp, den Lastbedingungen sowie dem Betriebsspiel abhängt und somit je nach Anwendung variiert. Die vorgegebenen Richtwerte sollten nicht überschritten werden, ansonsten droht ein Lagerschaden oder es könnte zu Problemen mit dem Käfig kommen.
Zulässige Lagerschiefstellung | |||
Rillenkugellager | 1/1 000 ~ 1/300 | Kegelrollenlager einreihig einreihig (Ultage) | 0 1/2 000 1/600 |
Schrägkugellager einreihig | 1/1 000 | Nadellager | 1/2 000 |
Zylinderrollenlager Lagerreihen 10, 2, 3, 4 Lagerreihen 22, 23 Ultage zweireihig | 0 1/1 000 1/2 000 1/500 1/2 000 |
Die zulässige Lagerschiefstellung verschiedener Wälzlagerarten.
Zulässige Lagerschiefstellung | |||
Pendelkugellager normale Last | 0 1/15 | Axial-Pendelrollenlager normale Last | 0 1/60 bis 1/30 |
Pendelrollenlager normale Last oder mehr leichtere Lasten | 1/115 1/30 | Gehäuselager | 1/60 bis 1/30 |
Winkeleinstellbare Lager finden in Anwendungen mit relativ hohen Fluchtungsfehlern Gebrauch.
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